Volksbühne Pettnau

Geschichte

Legendenspiele und brauchtümliche Spiele zur Fasnachtszeit hat es nach mündlicher Überlieferung seit Menschengedenken gegeben. Allerdings, gespielt wurde nur sehr vereinzelt und ohne Zusammenhang. Nach dem Ersten Weltkrieg entstand der Gedanke, in Pettnau eine wirkliche Theatergruppe zu gründen. Treibende Kraft zu diesem Schritt waren Karl Mader und Johann Gottlieb. Ein Saal wurde im ehemaligen Gasthof „Baldauf“ gefunden. Dieser Saal hatte nur eine Bretterdecke und keine Bühne. In härtester wirtschaftlicher Notzeit opferten vom Theater begeisterte Pettnauer Gut und Zeit für den Ausbau des Saales und den Aufbau einer Bühne. Zu diesen Idealisten zählten neben den beiden Erwähnten Franz Gruber, Alois und Josef Köll, Josef Lindenthaler (Schmied), Franz Haider, Max Mader, Gilbert Haselwanter und Josef Baldauf. Zu den Frauen dieser ersten Zeit zählten Ida Lins (später verehel. Lindenthaler), Maria Lins (später verehel. Artho) und Maria Baldauf (später verehel. Heiß). Am Weißen Sonntag, am 3. April 1921 war es so weit: Der Vorhang hob sich zum Lustspiel „Das Verbrechen hinter dem Herd“. Spielleiter (und Bühnenbildner) war Johann Gottlieb, „’s Malerle“. 1923 wurde Karl Mader Spielleiter. Zu den größten Erfolgen der „alten“ Pettnauer Volksbühne zählten „Die sieben Todsünden“, „Die Lautenspielerin“ und „Die Beatushöhle“.

 

1931 ließ Josef Baldauf auf eigene Kosten neue Kulissen mit Stoffbespannung herstellen.

 

Während des Zweiten Weltkrieges spielten die Schüler den „Doktor Eisenbart“ und „Alles um a Goaß“.

 

Bald nach dem Zweiten Weltkrieg sammelten sich wieder junge Kräfte, das Theaterspiel in Pettnau weiter zu führen. Gespielt wurde noch im alten Saal des Gasthofes „Baldauf“. Neue Kulissen waren anzuschaffen, der Vorhang musste erneuert und die Lichtverhältnisse mussten zeitgemäßer gestaltet werden. Dies geschah mit primitivsten Mitteln. Als Spielleiter stellte sich wieder Karl Mader zur Verfügung. Am 21. April 1946 trat die junge Pettnauer Volksbühne mit dem vaterländischen Stück „O Land Tirol“ vor die Öffentlichkeit und hatte großen Erfolg.

 

Die erste Großleistung der jungen Pettnauer Volksbühne gab es im Herbst 1947 mit der Aufführung des „Meineidbauern“ von Ludwig Anzengruber. Die „Tiroler Tageszeitung“ vom 28. Oktober 1947 schrieb dazu u.a.: „Man möchte es nicht glauben, dass eine so kleine Gemeinde, wo man ja keine Auswahl treffen kann, mit derartigen Leistungen aufwarten kann.“

 

Am 15. Februar 1948 suchten die Proponenten Heinrich Köll, Josef Kraxner (damals junior) und Friedrich Haider um die Genehmigung des Vereines „Volksbühne Pettnau“ an. Die Genehmigung durch die Sicherheitsdirektion für Tirol erfolgte am 19. April 1948. Interessant ist, dass die Statuten des zehn Jahre später begründeten „Landesverbandes Tiroler Volksbühnen“ auf den Statuten der Volksbühne Pettnau fußen.

Der Ausbau der Bühne hatte viel Geld verschlungen. 30.000 Schilling Schulden waren abzudecken. An den Ausgaben wurde allenthalben gespart. Um die hohen Aufführungsgebühren zu vermeiden, verfasste der damalige Student Friedrich Haider eine Volksfassung des „Lumpazi Vagabundus“. Die Aufführung wurde von den Zuschauern begeistert aufgenommen. Dies spornte an und ein zweites Stück entstand. Den größten Erfolg im alten Theatersaal im Gasthof „Baldauf“ erzielte die Volksbühne mit diesem Stück im August 1948: „Könige der Landstraße“. Das Lustspiel wurde 1959 wiederholt und unter größtem Beifall auch in Münster und im Stift Stams aufgeführt. Mit anderen Stücken gastierten die Pettnauer in Telfs, in Polling, in Obsteig, in Ranggen, in Mötz und in Silz.

Am 11. März 1951 feierte die Volksbühne Pettnau den 30-jährigen Bestand mit einer Aufführung von Reimmichls „Zu spät“. Karl Mader wurde Ehrenobmann der Volksbühne Pettnau. Zu Ehrenmitgliedern wurden ernannt: Bürgermeister Josef Kraxner sen., Gilbert Haselwanter, Josef Lindenthaler (Schmied), Franz Gruber, Max Mader, Johann Gottlieb, Alois Köll und Ida Lindenthaler.

Am 2. April 1951 erhielt die Volksbühne Pettnau von der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck die Genehmigung zur Führung eines Vereinsabzeichens.

Am 6. Juli 1969 wurde das neuerbaute Schulhaus mit dem großen Kultursaal eingeweiht. Dass dieser Saal entstand, hat die Volksbühne Pettnau dem damaligen Bürgermeister Anton Haider zu danken. Es war dies einer der ersten Gemeindesäle in Tirol überhaupt und Anton Haider erhielt dafür vom „Landesverband Tiroler Volksbühnen“ das Silberne Ehrenzeichen. Höhepunkt der Feierlichkeiten war die Aufführung des Schönherr-Dramas „Frau Suitner“ durch die Volksbühne Pettnau unter der Spielleitung von Friedl Haider. In der Hauptrolle bot Martha Kluckner eine Glanzrolle. Dieses schwere Stück wurde als Festaufführung gewählt, weil die Mutter des Dichters Schönherr, Frau Maria Suitner, am 7. April 1835 in Leiblfing geboren wurde. Über die Aufführung schrieb das „Bezirksblatt Innsbruck-Land“ im Juli 1969 u.a.: „Man kann der Volksbühne Pettnau zu dieser Aufführung und zum neuen Beginn herzlich gratulieren. Die Bearbeitung des Textes und die Inszenierung (Friedrich Haider) waren sehr gut auf die räumlichen Möglichkeiten einer kleinen Bühne abgestimmt. In den Hauptrollen boten Martha Kluckner (Frau Suitner), Georg Haselwanter (Kaspar) und Margit Baldauf (Gretl) eine ausgezeichnete Leistung. Da auch die Nebenrollen mit Marianne Grill (Zipfl-Moidl), Antonia Weber (Latschenbötin), Alois Baldauf (Doktor), Helga Degenhart (Doktorsmagd), Josef Artho (Nachbars-Fritzl) und Ernst Riss (Vorsteher) gut besetzt waren, bot die Volksbühne Pettnau eine für Laienbühnen beachtliche Gesamtleistung, die hoffentlich Anstoß zu weiterer Arbeit sein wird.“

 

Anlässlich der Jugendaufführung des von Friedrich Haider bearbeiteten Timmermannstückes „Der Pfarrer vom blühenden Weinberg“ (15.04.1973) erhielten folgende Mitglieder für mindestens 25-jährige Tätigkeit im Dienst des Volkstheaters das silberne Verdienstabzeichen des „Landesverbandes Tiroler Volksbühnen“ von Obmann Dr. Ludwig Sölder überreicht: Alois Baldauf, Norbert Breiner, Marianne Grill, Anton Haider, Dr. Friedrich Haider, Georg Haselwanter, Josef Haselwanter, Heinrich Köll, Georg Kraxner, Josef Kraxner (damals junior), Ernst Riss und Toni Weber.

Einer der großen Höhepunkte im letzten Jahrzehnt war die Aufführung des ernsten Volksstückes „Das Gewitter“ (im Original „Die kleine Passion“) von Hilde Koref-Geyer in der Volksbühnenbearbeitung von Friedrich Haider am 12. März 1978. Für die Teilnehmer am Schulungskurs des „Landesverbandes Tiroler Volksbühnen“ am Grillhof gab die Volksbühne Pettnau eine Sondervorstellung, von der die „Tiroler Tageszeitung“ am 1. April 1978 u.a. schrieb: „Einen Höhepunkt der Tagung bildete die Aufführung des Schauspiels ,Die kleine Passion‘ durch die Volksbühne Pettnau. Unter der Leitung von Margit Humer-Seeber boten alle Mitwirkenden eine geschlossene, eindrucksvolle Leistung.“ Eine gleich großartige Leistung bot die Volksbühne Pettnau zuletzt noch mit dem Schönherrstück „Erde“ am 25. April 1982.

aus „PETTNAU“ (Ortschronik 51) von Dr. Friedrich Haider, 1988